Generationsübergreifend im Einsatz für die Musik: Christian Göhringer (l.) und Ludwig Völpel vom Liederkranz Edigheim. © JRAU
Christian Göhringer und Ludwig Völpel trennen fast 50 Jahre voneinander. Sie könnten Großvater und Enkel sein. Wenn sie aber über das Singen sprechen, dann ist der Altersunterschied nicht zu bemerken: die Leidenschaft ist die gleiche, mit der sie über ihre Chöre des Liederkranz' Edigheim sprechen. An diesem Sonntag feiert der Verein sein 170-jähriges Bestehen. Student Göhringer ist erst seit einigen Jahren dabei, der Vorsitzende Völpel engagiert sich sein halbes Leben lang in dem Verein.
Dem Liederkranz ist gelungen, wovon viele andere Chöre nur träumen können: Jung und Alt generationsübergreifend zu vereinen. Hier singen Kinder, die gerade vier Jahre alt geworden sind, und 92 Jahre alte Senioren. Um den Nachwuchs muss sich der Verein nicht sorgen. "Das ist wirklich besonders, auch weil alle auf Augenhöhe begegnen. Wir Jungen können von den Alten lernen und umgekehrt. Wir sind eine große Gemeinschaft", sagt der 23 Jahre alte Göhringer, der den Kinderchor und den Gemischten Chor leitet. "Du wirst hier als Neuling mit offenen Armen empfangen und musst nicht erst eine Weile warten, bis dir etwas zugetraut wird."
"Immer offen für Neues"
Der 72 Jahre alte Völpel sieht den Erfolg auch bei seinen Amtsvorgängern, die immer bereit für Veränderungen gewesen seien. "Wir waren immer offen für Neues." Dies sei wohl auch ein Grund für den langanhaltenden Erfolg. 1845 wurde der Chor als reiner Männergesangverein gegründet. Seit 1969 singen hier auch Frauen. Der Edigheimer Verein mit seinen etwa 250 Mitgliedern ist nach dem Gesangverein Oggersheim und dem Liederkranz Oppau laut Völpel der drittälteste Chor der Stadt.
Den Weg zur Musik haben Göhringer und Völpel auf unterschiedliche Weise gefunden. "Ich komme aus einer musikalischen Familie", sagt der 23-Jährige, der in Mannheim Schulmusik und Musikpädagogik studiert. "Ich bin in der Nähe von Karlsruhe aufgewachsen und war dort schon in verschiedenen Chören aktiv." Zum Liederkranz kam er über den protestantischen Kirchenchor in Edigheim. So lernten sich Göhringer und Völpel kennen.
Der 72-Jährige stammt zwar auch aus einer musikalischen Familie. "Wir haben viel gesungen", sagt Völpel. Doch sein Herz schlug für den Fußball. "Da war ich richtig gut drin", erinnert er sich. Sein Bruder drängte ihn, sich so wie er im Verein zu engagieren. Deshalb probierte er einmal aus - und blieb.
Die Fußballschuhe hing er an den Nagel. "Ich hatte einfach keine Zeit für den Fußball. Ich war frisch verheiratet, gerade ins Berufsleben gestartet und sang lieber." Seit fast 30 Jahren steht Völpel dem Liederkranz vor. "Langsam wird es Zeit meinen Abschied vorzubereiten", sagt er und schiebt mit Nachdruck in der Stimme hinterher: "Von der Vorstandsarbeit, nicht vom Singen."
In zwei Jahren macht Göhringer seinen Abschluss. In der ersten Reihe will er als Sänger nicht stehen. "Ich sehe mich als Lehrer, der andere dazu bringt, sich zu verbessern."
© Mannheimer Morgen, Freitag, 17.04.2015